Quelle: FLVW
Christina Rühl-Hamers mit dem Parkstadion im Rücken, in dem das Derby der Frauen ausgetragen wird.
Am Sonntag (27. Oktober / ab 16 Uhr) kommt es im Gelsenkirchener Parkstadion zum ersten Revier-Derby der Frauen. Bei der Premieren-Partie zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund empfängt der Tabellenzweite den Spitzenreiter der Westfalenliga. Vor dem historischen Duell haben wir mit Schalkes Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers gesprochen.
Wie sehr freuen Sie sich auf das bevorstehende Derby der Frauen gegen Borussia Dortmund?Christina Rühl-Hamers: Endlich wieder Derby! Es ist im Ruhrgebiet und speziell im Schalke-Kosmos immer schön, über ein Derby sprechen zu können. Wir freuen uns bei den Frauen ganz besonders drauf, weil das für unser Team eine super hohe Wertschätzung ist, so eine Partie spielen zu können. Ich glaube auch, dass die Mannschaft total aufgeregt ist. Und auch bei uns in der Geschäftsstelle herrscht eine gewisse Anspannung. Das merkt man schon daran, wie intensiv sich darum gekümmert wird, was alles drumherum zu organisieren ist. Das wird ein tolles Ereignis. Ich persönlich habe ein paar Derbys, auf die ich gerne zurückschaue, und jetzt kommen hoffentlich auch bei den Frauen ein paar spannende Spiele dazu.
Wie sehr fiebert das Team der Partie entgegen?
Rühl-Hamers: Für die Frauen ist es toll, wenn eine hohe Aufmerksamkeit auf das gelegt wird, was sie tun: nämlich mit ganz viel Leidenschaft und ganz viel Können Fußball zu spielen. Wenn das durch so ein Derby noch mehr in die Öffentlichkeit rückt, ist das unheimlich schön. Die meisten unserer Spielerinnen sind Königsblau durch und durch. Und da ist dann natürlich auch einiges an Lokalpatriotismus dabei.
Es ist auch das Duell Zweiter gegen Erster in der Westfalenliga, in der Tabellenkonstellation steckt daher zusätzliche Brisanz. Wie sehen Sie die Ausgangslage?
Rühl-Hamers: Der BVB ist mit Blick auf den Aufstieg etwas ambitionierter in die Liga gegangen als wir, wir denken aber, dass wir den BVB ärgern können. Mit dem FC Iserlohn ist noch eine weitere starke Mannschaft dabei, gegen die der BVB verloren, wir hingegen gewonnen haben. Wir haben noch keine Niederlage hinnehmen müssen. Daher glaube ich, dass wir grundsätzlich gute Chancen haben. Wir spielen bei uns im Parkstadion. Warum sollten wir das Spiel nicht gewinnen?
Wie lautet die Zielsetzung für diese Saison?"Wir wollen mit den Frauen – unserem Vereinszweck entsprechend – die Region stärken und die Menschen begeistern. Das braucht Zeit und die haben wir in diesem Bereich auch. Insofern haben wir ambitionierte Ziele, aber wir werden das nicht über Geld lösen."
Christina Rühl-Hamers
Rühl-Hamers: Wir sind nicht mit dem Auftrag in die Liga gegangen, dass wir zwingend aufsteigen müssen. Es ist schön, dass wir es in die Westfalenliga geschafft haben und wir uns dort so gut präsentieren. Es ist spannend, starke Konkurrenz zu haben und nicht durchzumarschieren. Das macht eine Liga doch aus. Mit dem Verlauf sind wir bisher sehr zufrieden und wir haben uns an die Liga gewöhnt. Am Ende werden wir sehen, wer das Rennen macht.
Und langfristig?
Rühl-Hamers: Natürlich wäre es schön, wenn wir mittel- und langfristig mit unserem Konzept, den Bereich organisch von unten aufzubauen und das Thema Fußball der Frauen zu etablieren, erfolgreich sind. Das perspektivische Ziel ist, in der ersten oder zweiten Bundesliga mitzuspielen. Aber nicht mit Druck. Wir wollen mit den Frauen – unserem Vereinszweck entsprechend – die Region stärken und die Menschen begeistern. Das braucht Zeit und die haben wir in diesem Bereich auch. Insofern haben wir ambitionierte Ziele, aber wir werden das nicht über Geld lösen. Wir sind zufrieden, wie es aktuell läuft, haben unglaublich viele engagierte Menschen hier im Verein, die sich mit viel Leidenschaft um den Bereich kümmern. Das zählt tatsächlich viel mehr.
Christina Rühl-Hamers (l.) im vergangenen Jahr beim Frauen-Netzwerktreffen des FLVW mit Svenja Schlenker, der Abteilungsleiterin der Frauen von Borussia Dortmund [Foto: FLVW].
Inwiefern kann der Fußball der Frauen in Westfalen vom Engagement eines großen Klubs wie Schalke 04 profitieren?
Rühl-Hamers: Ich glaube, dass das mit der großen Präsenz und Reichweite gelingen kann, den Fußball der Frauen im Ruhrgebiet stärker zu verankern, weil wir das Thema mit sehr viel Power angehen. Und natürlich hilft es auch, wenn viel über das Derby gesprochen wird. Das hat eine Sogwirkung für Mädchen in der Region, die anfangen möchten, Fußball zu spielen. Wir hoffen, dass es immer normaler wird, dass nicht nur Jungs Fußball spielen. Manchmal geht das auch über Vorbilder: Meine Tochter, die selbst Fußball spielt, guckt zum Beispiel am liebsten auf Alexandra Popp, aber genauso hat sie natürlich auch Vorbilder in den Herrenligen.
Als Finanzvorständin auf Schalke sind Sie selbst ein Vorbild für viele Frauen. Wie wichtig sind Frauen in Führungspositionen im Profifußball?
Rühl-Hamers: Schön wäre es, wenn der Fußball und alle anderen Branchen so aufgestellt wären, dass es diese Frage gar nicht mehr braucht, sondern dass das alles ganz normal ist und Funktionen völlig unabhängig vom Geschlecht besetzt sind. Aber es ist aktuell Fakt, dass es relativ wenig Frauen in diesen Positionen gibt. Das ist ein müßiges Thema. Ich glaube, dass es grundsätzlich immer von Vorteil ist, wenn man durchmischte Teams hat – egal, ob im Fußball, bei der Deutschen Fußball Liga (DFL), im Vorstand oder bei Unternehmen auf Leitungsebene. Ich glaube auch, dass es grundsätzlich einen großen Mehrwert hat, wenn man in heterogen zusammengesetzten Gruppen agiert und Entscheidungen trifft. Das täte, meiner Meinung nach, auch dem Profifußball gut, weil man andere Perspektiven dazu bekommt – da könnte sich der Profifußball durchaus weiter öffnen. Man kann also nur alle Frauen unterstützen, die gewillt sind, sich weiter zu engagieren.
Was wünschen Sie sich für den kommenden Sonntag?
Rühl-Hamers: Ein schönes Fußballspiel mit vielen Zuschauern. Wir gehen davon aus, dass so ein Spiel auf großes Interesse stößt auf beiden Seiten. Und am Ende wollen wir da im Parkstadion stehen, jubeln und mit einem Sieg nach Hause gehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person:
Christina Rühl-Hamers war als Spielerin für die Juniorinnen-Nationalmannschaften und die Westfalenauswahl im Einsatz. Mit der SG Hillen schaffte sie 1995 den Aufstieg in die Frauen-Bundesliga, musste in der Folge aber verletzungsbedingt ihre Karriere beenden. 2010 wurde Rühl-Hamers als Direktorin Finanzen und Personal bei Schalke 04 eingestellt. Seit 2020 ist die bekennende Schalke-Anhängerin Finanzvorständin bei Königsblau.